Wettkampfernährung im Triathlon
Teil 1 Ernährung vor dem Wettkampf
In diesem Artikel erfahrt ihr die wichtigsten Ernährungstipps rund um euren Triathlon-Wettkampf!
Die Kombination aus drei verschiedenen Ausdauerdisziplinen (Schwimmen, Radfahren & Laufen) und einer Wettkampfdauer, welche von 50 Minuten (Sprintdistanz) bis zu 14 Stunden (Ironman) variieren kann, stellt Sportler:innen und Ernährungscoaches vor besondere Herausforderungen.
Unabhängig von der Distanz sind Dehydrierung, entleerte Kohlenhydratspeicher und Magen-Darm-Beschwerden die wichtigsten limitierenden Ernährungsfaktoren, die über Erfolg oder Misserfolg im Triathlon entscheiden (1,2,3).
Die Wettkampfernährung erfordert daher einen gezielten und erprobten Plan, der genau diese Faktoren individuell berücksichtigt.
Ernährung in den Tagen vor dem Wettkampf
Carbloading
Ganz nach dem Motto „eat pasta to run faster“ sollen durch eine deutliche Erhöhung der Kohlenhydratmenge und durch eine Reduktion des Trainingsvolumens in den Tagen vor dem Wettkampf, die Kohlenhydratspeicher maximiert (Superkompensation) und somit die Ausdauerleistung verbessert werden.
- Aber wie sieht das genau aus?
- Was sind die physiologischen Hintergründe?
- Wann ist der Einsatz sinnvoll?
Kohlenhydrate sind die bevorzugte Energiequelle für unsere Muskulatur, da sie uns im Vergleich zu den Fetten schneller und effizienter Energie liefern. Bei intensiven Ausdauerbelastungen sind die Glykogenspeicher nach 75-90 Minuten zum größten Teil leer (4). Zwar können während der Belastung neue Kohlenhydrate aufgenommen werden, effektiver ist jedoch die direkte Energiegewinnung aus den Kohlenhydratspeichern der Muskulatur – den Glykogenspeichern. Das Ziel von Ernährungsstrategien ist es entsprechend, die Zeit bis zur Entleerung der Muskelglykogenspeichern hinauszuzögern und damit eine Leistungssteigerung zu erreichen.
Kohlenhydrate werden in Form von Glykogen in der Leber & Muskulatur gespeichert:
- Leber (ca. 100g): Dient der Regulierung des Blutzuckerspiegels.
- Muskulatur (400-500g): Dient der Energiegewinnung bei muskulärer Beanspruchung.
Betrachte deine Glykogenspeicher als deinen Treibstoff. Du stehst vor einer großen Reise und sorgst dafür, dass du genügend Treibstoff im Tank hast. Je mehr Treibstoff du hast, desto länger kommst du bis zum nächsten Tankstop aus.
Wie wird eine Superkompensation der Glykogenspeicher erreicht?
Lange ist man davon ausgegangen, dass man Glykogenspeicher zunächst entleeren muss, und zwar durch eine Kombination von einer low-carb Ernährung mit intensivem Ausdauertraining. Denn einige ältere Studien haben gezeigt, dass durch dieses Protokoll (auch ‚Saltins-Diät‘ genannt) die Glykogenspeicher tatsächlich über dem Normalmaß aufgeladen werden können – dieses Phänomen nennt man Superkompensation (5). Allerdings ist diese Strategie sehr anstrengend und führt nicht selten zu starker subjektiver Erschöpfung und schlechtem Schlaf der Athleten:innen, was so kurz vor dem Wettkampf natürlich alles andere als ideal ist.
Entsprechend positiv wurden die Forschungsergebnisse von Bussau und Kollegen (2001) aufgenommen, die festgestellt haben, dass bei trainierten Ausdauersportlern eine Entleerung der Glykogenspeicher kein Muss für eine Superkompensation ist. Denn: durch eine Erhöhung von 20 – 25% der Kohlenhydratzufuhr für 1.5 – 3 Tage, bei gleichzeitiger Reduktion des Trainingsvolumens (auch „Taper“ genannt), können wir die Glykogenspeicher auf dasselbe Niveau anheben, wie bei der alten ‚Saltins-Diät‚ (6).
Mittlerweile würde man die Carbzufuhr einfach in den 2 – 3 Tagen vor dem Wettkampf um ca. 20% erhöhen und gleichzeitig das Trainingsvolumen reduzieren, da diese deutlich praktikablere Strategie zu nahezu identischem Ergebnis führt – nur dass diese gleichzeitig deutlich angenehmer ist.
Für wen ist Carbloading geeignet?
Für alle, die ihre Leistung maximieren wollen und an einem Ausdauerwettbewerb mit einer Belastungsdauer über 90 min teilnehmen. Allerdings gilt es hier durchaus noch ein paar Aspekte zu berücksichtigen. Denn: wer einfach versucht mehr seiner üblichen Carbquellen zu essen, der wird schnell merken, dass dies eine große Herausforderung für den Magendarmtrakt ist.
Entsprechend sollten folgende Aspekte und Tipps berücksichtigt werden:
Tracke deine Kohlenhydratzufuhr mit einer App oder erstelle einen Ernährungsplan
- Viele überschätzen die Menge an Kohlenhydraten, die sie zu sich nehmen und erreichen nur die Hälfte der empfohlenen Zufuhr. Wer nur auf sein Körpergefühl achtet, bekommt schon früh die Signale, mit dem Essen aufzuhören.
Habe einen individuell auf dich abgestimmten Plan
- Unterschiedliche Leistungsniveaus bedeuten auch unterschiedliche Trainingsbelastungen und entsprechen auch angepasste Ernährungsstrategien
- Jeder Körper reagiert etwas anders auf eine erhöhte Kohlenhydratzufuhr, bei manchen gilt es einen sensiblen Magen und Verdauungsprobleme zu berücksichtigen
- Jeder Sportler:in hat einen anderen Alltag, und entsprechen bedarf es individuelle Lösungsansätze in der Praxis
Ballaststoffarm, wenig Fett & moderat Protein
- Achte auf ballaststoffarme und leicht verdauliche Lebensmittel
- Das reduziert die Wahrscheinlichkeit von Magen-Darm-Beschwerden zu vermeiden
- Außerdem fällt es dann leichter einer derart hohe Menge an Kohlenhydraten zuzuführen, weil diese Lebensmittel weniger stark sättigen
- Als Faustformel gilt: nimm in der Carbloadingphase zwischen 10 und 20g Ballaststoffe pro Tag zu dir
Beispiel zur Ballaststoffreduktion :
- Vollkornbrot > Weißbrot
- Haferflocken > Crunchy-Müsli
- Nüsse und Kerne nur in kleinen Mengen
- Kartoffeln statt Reis
- Saft statt große Mengen Obst
- Gemüsemenge auf 100 bis 150g reduzieren
Damit die Gesamtkalorien nicht in die Extreme gehen, muss an Fett und Protein gespart werden. Denn 600g Kohlenhydrate haben bereits 2400 kcal. Versuche daher, magere Proteinquellen zu integrieren, sowie ballaststoffreiche Lebensmittel, wie Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte und Vollkornprodukte stark zu reduzieren oder zu meiden. In unserem Showbild weiter unten findest du einen von uns erstellten Beispielplan, wie man die genannten Tipps in der Praxis umsetzen kann.
Ein negatives Beispiel zum Abendessen wäre zum Beispiel eine Pizza. Diese enthält zwar einige Gramm an Carbs, aber auch sehr viel Fett und Protein und hat somit einen hohen Kaloriengehalt!
Hab keine Angst vor Produkten mit hohem Zuckergehalt und in flüssiger Form, sie können dir in diesem Fall das Leben erleichtern!
Ernährung am Wettkampftag
Wie gehe ich mit Nervosität und Verdauungsproblemen um?
Ein gewisses Maß an Nervosität vor einem Wettkampf ist normal. Bei starker Nervosität lohnt es sich jedoch den Koffeinkonsum zu reduzieren oder ganz zu vermeiden. Verdauungsprobleme gehen oft mit Nervosität einher. Die aufputschende Wirkung von Koffein kann dieses Gefühl verstärken, und entsprechend auch das Risiko von Verdauungsproblemen erhöhen.
Diese Tipps helfen dir, das Risiko von Verdauungsprobleme am Wettkampftag zu reduzieren:
- Keine Experimente: iss nur Sachen, von denen du weißt, dass du sie verträgst
- Nimm wenig Ballaststoffe & Fette zu dir
- Auch große Mengen an Fruktose können Verdauungsprobleme begünstigen
- Bestimmte Lebensmittel mit einem hohen Anteil an fermentierten Kohlenhdyraten (FODMAP Anteil) können Verdauungsprobleme verursachen
- Achte auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr
- Schmerzmitteln, wie Ibuprofen vermeiden
- Essen im Voraus planen und ggf. am Vortag zubereiten, bzw. checken, was am Wettkampfort verfügbar ist
- Genügend Verdauungszeit einplanen!
3-4 h vor dem Wettkampf
Je nach Startzeit sollte die letzte größere Mahlzeit 3-4 Stunden vor dem Start eingenommen werden. Auch diese sollte kohlenhydratreich (100-250g), ballaststoffarm, fettarm und nur eine moderate Menge Protein enthalten. Diese hohe Menge an Carbs dient nicht nur als letztes ‚top-up‘ für die Glykogenspeicher in der Muskulatur, es dient auch zur Wiederauffüllung des Leberglykogens, welches über die Nacht zu einem großen Teil aufgebracht wird. Und volle Glykogenspeicher in der Leber sind wichtig zur Aufrechterhaltung eines optimalen Blutzuckerspiegels und Energieversorgung des zentralen Nervensystems (7).
<60 Minuten vor dem Wettkampf
Ist der Abstand zur letzten Mahlzeit größer, lohnt es sich, nochmals einen kleinen, leicht verdaulichen Kohlenhydrat-Snack zu sich zu nehmen. Geeignete Lebensmittel sind zum Beispiel eine reife Banane, 1 große Hand voll Rosinen/Cranbierries, 3 Reiswaffel mit Honig, ein Quetschie, ein Kohlenhydrate oder 250 – 300 ml Sportgetränk. Dies ist auch der Zeitpunkt, um die erste Dosis Koffein (2-3 mg/kg) einzunehmen.
Bei einem sehr frühen Start ist es nicht immer möglich 3 – 4 Stunden vorher zu essen. In diesem Fall sollte dann ca. 2 Stunden vor dem Start ein größerer Snack, bestehenden aus flüssigen Kalorien und leicht verdaulichen Carbs, verzehrt werden. So konnte man zum Beispiel ~4 Toasts mit Marmelade oder Honig essen und dazu 1 Glas Saft trinken. Und dann 20 – 30 min vor dem Start nochmal ein Gel mit Kohlenhydraten oder ein 250 – 300 ml Sportgetränk zu sich nehmen.
Egal welche Variante man am Ende wählt: das Wichtigste ist, dass man diese Strategie 1:1 so vorher im Training auch getestet hat. Nur so kannst du sicher gehen, dass die ausgewählte Methode auch wirklich für dich funktioniert.
Hydration
Ein weiterer wichtiger Bestandteil der Ernährungsstrategien vor dem Start ist das Sicherstellen einer optimalen Hydrierung.
Denn: wenn man das Rennen nicht optimal hydriert startet, dann ist es nahezu unmöglich dies mit einer ausreichend hohen Flüssigkeitszufuhr im Rennen zu auszugleichen – zumindest bei den längeren Renndistanzen.
- Trinke direkt nach dem Aufstehen 5 – 7ml Flüssigkeit pro kg Körpergewicht. Wasser, Tee, Säfte oder Sportgetränke sind hier die am besten geeignetsten Getränke (8)
- Danach bedarf es tatsächlich nur noch geringe bis moderate Mengen an Flüssigkeit, um die optimale Hydrierung aufrechtzuerhalten
- Viel hilft hier nicht unbedingt viel, und führt nur zu einem hohen Harndrang, was kurz vor dem Start nicht optimal ist
- Trinke deswegen in den letzten 1 – 2 Stunden nur nochmal 200 – 300 ml – basierend auf deinem eigenen Durstgefühl – und checke die Farbe deines Urins, um Rückschlüsse zu deinem Hydrationsstatus zu erhalten (9, 10)
- Ist deine Urinfarbe hell, brauchst du nichts trinken. Ist diese gelb, dann trinke nochmal 200 – 300 ml
Zusammenfassung:
- Die Zeit vor dem Wettkampf lässt sich grob, in die 3 – 4 Tage vor dem Wettkampf unterteilen (Carbloading) und die Ernährungsstrategien am Morgen des Wettkampfes selber
- Beim Carbloading gilt es die Carbzufuhr um ca. 20 – 25 % zu erhöhen, und gleichzeitig das Trainingsvolumen drastisch zu reduzieren
- Um ein starkes Völlegefühl und Magendarmprobleme zu vermeiden, sollte der Fokus auf leicht verdauliche Kohlenhydrate gelegt werden und die Zufuhr an Ballaststoffen und Fetten reduziert werden
- Am Morgen des Wettkampfes liegt der Fokus auf einer adäquaten Carb- und Flüssigkeitszufuhr, wobei die exakten Mengen stark von zur Verfügung stehenden Zeitfensterzwischen Frühstück und Rennstart abhängen
- Die wichtigste Regel ist aber, dass man eine individuelle Strategie entwickelt und diese vorab im Training testet
Wir wünschen euch viel Erfolg bei euren Rennen
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